Erinnern an die Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma im Nationalsozialismus

Auf dem Fried­hof am Bun­ten­tor­stein­weg be­fin­det sich das 1929 angelegte Grab der Familie Dickel.

Auf Grund der spä­te­ren Wie­der­gut­ma­chungs­ak­ten kann das Le­ben von Ju­li­us Di­ckel aus­führ­lich do­ku­men­tiert wer­den. Er war der ein­zi­ge aus der Fa­mi­lie von Pe­trus Di­ckel, der die Ver­fol­gung durch die Na­tio­nal­so­zia­lis­ten über­leb­te. Im März 1943 wur­de die Fa­mi­lie auf Grund des so ge­nann­ten Ausch­witz-Er­las­ses vom 16. De­zem­ber 1942 in das Kon­zen­tra­ti­ons- und Ver­nich­tungs­la­ger Ausch­witz-Bir­ken­au de­por­tiert. Ju­li­us Dickel über­lebt, weil man ihn für ar­beits­fä­hig hält. Man steckt ihn in ver­schie­de­ne Ar­beits­kom­man­dos, u. a. in den KZ‘s Bu­chen­wald, Flos­sen­bürg, Ber­gen-Bel­sen und The­re­si­en­stadt. Dort wird er mit sei­nen Mit­häft­lin­gen von der Ro­ten Ar­mee be­freit.

Wie­der zu­rück in Bre­men er­fährt Julius Dickel vom Tod sei­ner El­tern und Ge­schwis­ter. Er weiß nicht, wo­hin er noch ge­hen soll. Schließ­lich sucht er das Fa­mi­li­en­grab im Bun­ten­tor auf. Vom Ver­wal­ter er­fährt er die Adres­se sei­nes On­kels, ei­nem Bru­der sei­nes Va­ters Pe­trus, in den Nie­der­lan­den. Von dort be­treibt er in den Jah­ren da­nach sei­ne Wie­der­gut­ma­chung, für sich und für sei­ne er­mor­de­te Fa­mi­lie. 

Ju­li­us Di­ckel starb am 20. Ja­nu­ar 1993 in Of­fen­burg ein­sam und al­lei­ne, ver­mut­lich an ei­ner Herz­at­ta­cke.  Sei­ne Grab­stel­le dort wur­de in­zwi­schen ein­ge­eb­net. Am 7. Mai 2022 wur­de auf Wunsch seiner Tochter Lin­da Di­ckel das Grab der Fa­mi­lie Jo­hann Di­ckel um ei­nen Ge­denk­stein er­wei­tert. Er trägt die In­schrift „In Erinnerung an Julius Dickel * 7.4.1926 † 20.1.1993 – Angehörige der Familie Dickel wurden in der NS-Zeit verfolgt, mindestens 16 ermordet“. Da­durch wur­de die Fa­mi­lie sym­bo­lisch zu­sam­men­ge­führt.

Der Beirat Neustadt möchte die Erinnerung an die Familie Dickel wach halten. Ihr Schicksal steht stellvertretend für die Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma im Nationalsozialismus. Um die Pflege der Grabstelle zu finanzieren stellt der Beirat Neustadt für das Jahr 2023 bis zu 600,-€ für die Pflege der Grabstelle und Blumenschmuck zur Verfügung. Der Beirat Neustadt strebt an, die Kosten für die Grabpflege auch zukünftig aus seinen Globalmitteln zu finanzieren. Eine entsprechende Beschlussfassung soll daher spätestens im Oktober eines jeden Jahres auf die Tagesordnung einer Beiratssitzung gesetzt werden.

Beschluss des Beirats Neustadt vom 17. November 2022